Kurzbiographie

altFranz von Assisi wurde als Sohn eines reichen Kaufmanns 1181/ 82 in friedloser Zeit geboren. Mit 17 Jahren hineingerissen in den Aufstand der Stadt gegen die Feudalherren: Die stolze Burg wird zerstört. Gleich anschließend: Bürgerkrieg zwischen reich und arm, danach Krieg zwischen Perugia und Assisi. Franz gerät in Kriegsgefangenschaft. Zeit zum Nachdenken.

Zurückgekehrt nach Hause stellt eine lange, zehrende Krankheit alles in Frage. Der Sinn des Lebens ist verdunkelt. 1205: Franziskus will sich in den Dienst der päpstlichen Truppen stellen. Gegen den Kaiser. Auf dem Weg dahin trifft ihn die Erkenntnis: Da ist ein anderer Herr, der auf seine Dienste wartet.

Ein Jahr später: In San Damiano, einem zerfallenden Kirchlein in der Nähe von Assisi, hört er: "Du mußt meine Kirche wieder aufbauen". Er tut es. Darnach auch die Kirche San Pietro und jene von Portiuncula. Der Vater enteignet ihn. Er ist froh: jetzt ist er arm mit den Armen.

1209: Franz entdeckt das Evangelium. Der Sinn seines Lebens ist ihm gegeben. Er findet Brüder, für welche er einige Kernsätze aus dem Evangelium herausgreift und sie zur Regel macht. Der Papst bestätigt sie.

Eine vielfältige Reiselust treibt ihn durch ganz Italien. Eine geplante Reise nach Syrien endet wegen Schiffbruchs an der dalmatischen Küste, eine andere nach Marokko wegen Krankheit in Spanien.

1219 gelingt eine Reise in den Orient: In Damiette sucht er, ein Kreuzfahrerheer von einer Schlacht abzuhalten. In Ägypten trifft er den Sultan Malek el Khamil. Er ist voll Friedenswille: Er stiftet Frieden in Assisi, Bologna, Siena, Arezzo . . . Zuletzt durch den Sonnengesang. Er verfaßt ihn 1224, von Krankheiten und Schmerzen geplagt, von einem Trachom, einer schmerzhaften Augenentzündung, von chronischer Malaria, von einem Milztumor und einer Lebervergrößerung, von Darm- und Magengeschwüren, von einer schweren Anämie, von Depression und Zweifeln.

Er stirbt am 3. Oktober 1226, gezeichnet mit den Malen des Kreuzes.

Der franziskanische Lebensstil
Die gegensätzlichsten Dinge sind in Franz von Assisi zur Einheit gebracht. Er gilt als Patron der Katholischen Aktion, als Klassiker christlicher Aktivität. Mit gleichem Recht darf er als Klassiker der Meditation bezeichnet werden. Man vergewaltigt und verrät ihn, sieht man bloß das eine und unterschlägt das andere. Darum ist die franziskanische Meditation im Rahmen des ganzen franziskanischen Lebensstils zu sehen und darzustellen.

Der franziskanische Lebensstil ist vor allem greifbar in den verschiedensten Regeln, die Franz im Laufe der Zeit (1209-1223) geschrieben hat. Zuerst sind es bloß einige Sätze aus dem Evangelium und ein paar unbedingt notwendige Bestimmungen, die das gemeinsame Leben regeln wollen. Diese Urregel ist in ihrer Gestalt flexibel, nicht etwas ein für allemal Abgeschlossenes. Die Meditation vertieft. Neue Situationen verlangen nach konkreter Anwendung und Anpassung. Gefahren fordern Signale, Gelegenheiten Appelle, kirchliche Ereignisse Gefolgschaft. So wächst der kleine und bescheidene Anfang zu einem umfangreichen Werk an, in dem die redaktionellen Spuren deutlich sichtbar bleiben. Für jeden Interpreten ist diese 1221 abgeschlossene Geschichte der sogenannten Regula non bullata der Spielplatz, auf dem sich wissenschaftliche Fantasie und Meisterschaft tummeln können. Es ist die Regel, die das Leben schrieb. Für kirchliche Kreise ist sie zu wenig faßbar, zu weitschweifig, zu spirituell. Darum verfaßt Franz eine zweite Regel (1223), die durch eine päpstliche Bulle bestätigt wird und heute noch die Grundlage der Franziskanerorden ist Regula bullata. Daß er vorher noch eine andere verfaßt haben soll, die von böswilligen Brüdern vernichtet wurde, ist wohl in das Reich frommer Fantasie zu verbannen. Zu sehr ist in diesen Schriften das Interesse festzustellen, daß Franziskus ein zweiter Moses ist und darum auch ein ähnliches Schicksal haben muß.

Wenn die Regula non bullata genauer untersucht wird, dann lassen sich drei Kernsätze bzw. Stichworte ausmachen, mit denen man den franziskanischen Lebensstil umschreiben könnte: Evangelium, Gehorsam, Armut.

Meditation,Gebet
Franz von Assisi bewegt sich auf zwei Sprachebenen, die sich von einem Augenblick zum anderen ablösen können. Einerseits bewegt er sich auf einer Ebene, auf der er seinen Lebensstil beschreibt, Gesetze erläßt, nüchtern und sachlich über etwas spricht. Auf dieser Ebene ist er im Ausdruck hilflos und ohne großes Stilempfinden. Anderseits aber kann er plötzlich und unvermittelt, sogar mitten in einem Satz, auf eine zweite Sprachebene übergleiten und zum Dichter werden. Das trifft regelmäßig zu, wenn das Wort "Gott" oder "Jesus" über seine Lippen kommt. Er kann hier nicht in einer objektiven und distanzierten Sprache bleiben. Das Wort allein löst ein Begegnungsgeschehen aus. Er kann nicht über Gott oder Jesus reden, sondern nur zu ihnen. So entsteht plötzlich ein Gebet, ein Hymnus, ein Lied, ein Gedicht. Diese Eigenart des Heiligen führt dazu, daß wir über das, was sonst nur im Inneren des Menschen vorgeht, wenigstens in etwa eine Ahnung haben.


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